Interferenz, Resonanz, Dämpfung


Je risikoreicher ein Mensch spielt, desto ausgeprägter werden Erfolge und Misserfolge sein. Die Ergebnisse seines Handelns ähneln dann einer Welle, die durch ihre Berge und Täler definiert wird. Mal bilden Erfolge einen "Wellenberg", dann wieder Misserfolge ein "Wellental". Sind zwei Spieler involviert, indem sie eine Mannschaft bilden, liegt es auf der Hand, dass sich die wellenartigen Strukturen ihrer Handlungen durchdringen. Dadurch wird das Gesamtergebnis beeinflusst.

Konzentrische Kreise im Wasser bilden Interferenzmuster durch Überlagerung
Konzentrische Kreise im Wasser bilden Interferenzmuster durch Überlagerung

Die Effekte der gegenseitigen Durchdringung von Wellen werden in der Physik als INTERFERENZ beschrieben. Beispiel: Ein an zwei Stellen undichtes Rohr lässt beständig Tropfen auf eine Wasseroberfläche fallen. Bei deren Auftreffen bilden sich Wellen in Form konzentrischer Kreise, die sich durchdringen. Dabei entstehen typische Muster, indem zwei Wellenberge einen höheren Berg erzeugen, zwei Wellentäler sich zu einem tieferen Tal vereinigen, Berg und Tal sich jedoch auslöschen.

Die Übertragbarkeit physikalischer Phänomene auf die Interaktion von Personen hat sicher ihre Grenzen. Dennoch ist eine Art von Interferenz für das Scheitern von Mannschaften verantwortlich. Zwei Spieler, die unstet spielen, die also wechselseitig Wellenberge und Täler erzeugen, nivellieren auf diese Weise die Mannschaftsleistung oder können ihr Versagen zu einem ausgeprägten Wellental addieren. Solche "Superwellentäler" sind der Grund, warum im Pétanque Spiele in wenigen Runden verloren werden.

 

Um dieses Phänomen noch zu präzisieren, benötigen wir einen weiteren physikalischen Begriff: RESONANZ. Dabei handelt es sich um das verstärkte Schwingen eines Systems durch äußere Anregung. Beispielsweise schwappt ein getragener Teller Suppe irgendwann über, wenn jeweils im Moment der Vorwärtsbewegung die Suppenwelle weitere Anregung durch die Schrittbewegung erhält. Man spricht auch vom "Aufschaukeln". Zur Vermeidung der Resonanz sollen beispielsweise Soldaten, die eine Brücke überqueren, dieses nicht im Gleichschritt tun, denn bei ungünstiger Schrittfrequenz könnte das Bauwerk in Schwingung geraten und Schaden nehmen.

 

Wie man sich leicht vorstellen kann, kommt es auch bei Spielern, die, wie oben beschrieben, unstet spielen, deren Erfolgskurven also wellenförmig verlaufen, zu einem Effekt gegenseitiger Beeinflussung, der einer Resonanz gleicht. Im ungünstigen Fall zieht dann die schlechte Leistung des einen Spielers das Spiel des anderen in den Keller, was wiederum ersteren negativ beeinflusst usw. Es bildet sich ein Abwärtssog gegenseitiger Verunsicherung.

 

Treten solcherlei Probleme auf, liefert wiederum die Physik einen Lösungsansatz: Die DÄMPFUNG. Es ist wichtig, dass zumindest ein Spieler die Möglichkeit findet, seine Leistungen zu verstetigen. Meist gelingt das, indem die Leistungsansprüche etwas heruntergeschraubt werden. Beispielsweise kann das Ziel, direkt an das Cochonnet zu legen, zugunsten des Zieles aufgegeben werden, einfach vorn zu bleiben. Verliert ein Spieler das ihm vertraute Kugelgefühl, kann er sich dadurch retten, dass er einfach locker rollen lässt, anstatt verkrampft immer wieder wertlose Kugeln zu spielen. Ein strauchelnder Schütze kann zum Flachschuss übergehen.

 

Spieler müssen ein Gefühl dafür entwickeln, dass ihr Spiel immer auch das des Mitspielers beeinflusst, wodurch Interferenz und Resonanz die Leistungen einer Mannschaft unberechenbar machen können. Paradoxerweise führt in solchen Fällen die Entscheidung der Einzelspieler, ihre Leistungsansprüche zu dämpfen, zu einem Anstieg der Mannschaftsleistung. Ähnliches ist zu beobachten, wenn beide Spieler einer Mannschaft zu risikoreich spielen. Ein Spieler muss dann zur Dämpfung von Interferenz und Resonanz dem Spiel eine feste Struktur geben, die es dann dem Partner ermöglicht, kalkulierte Risiken einzugehen.

 

Nach Niederlagen im Pétanque äußern Spieler Sätze wie: "Eigentlich waren wir nicht so schlecht, aber wir haben nie gleichzeitig unsere Leistung erbringen können." oder: "Heute hätte ich viele Treffer gehabt, aber ich musste zu oft beim Legen aushelfen." oder: "Ich war gezwungen, perfekt zu legen, anders konnten wir nicht punkten." oder "Mit mehr Kugeln davor, hätten wir die Kurve noch gekriegt.". Die Begriffsreihe Interferrenz-Resonanz-Dämpfung kann in solchen Fällen helfen, die Ursache des Dilemmas leichter zu veranschaulichen. So kann schon während des Spiels gegengesteuert und die Niederlage noch abgewendet werden.

 

"Des Glückes Welle hebt, die Welle stürzt den Hohen und den Niedern immerzu;

kein Seher weiß, wann sie zur Ruhe kommt."

                                                     Sophokles

 

Thorsten


Ergänzung: In diesem Artikel ging es darum, wie mehrere Spieler sich gegenseitig negativ beeinflussen können. Jedoch ist auch der Einzelne von der Häufung von Erfolgen bzw. Misserfolgen betroffen. Fehler haben die unangenehme Eigenschaft, weitere Fehler wahrscheinlicher zu machen. Mit der zugehörigen Psychologie beschäftigt sich folgende externe Seite: https://sportpsychology.jimdofree.com/artikel/ein-un-gl%C3%BCck-kommt-selten-allein/


Bild von Gerd Altmann auf Pixabay