Absichtliches und unbeabsichtigtes Drehen


„Ich kann freilich nicht sagen, ob es besser werden wird, wenn es anders wird;

aber soviel kann ich sagen: Es muss anders werden, wenn es gut werden soll.“

                                                                                                Lichtenberg


Pétanque / Boule - Tipps & Tricks - Drehen - Strategie / Boulelexikon
Gestrauchelter Riese - seiner Macht ward der Boden entzogen

Das Drehen, also der Positionswechsel innerhalb der Mannschaft im laufenden Spiel, ist häufig das letzte Mittel, eine fast verlorene Partie noch zu gewinnen. Ziel ist es, das Team so umzubauen, dass die momentanen Stärken der Spieler durch den Wechsel ihrer Funktionen besser zum Tragen kommen. Durch ein solches Revirement wird zudem der Gegner gezwungen, seine Strategie anzupassen, was ihm womöglich wenig behagt, hatte er sich doch in seiner bisherigen Aufstellung als überlegen erwiesen.

 

Es ist schwierig, den rechten Zeitpunkt für diese Maßnahme zu finden. Wartet man zu lang, hat der Gegner bereits einen komfortablen Vorsprung herausgespielt. Wird zu früh gedreht, hatte die Mannschaft möglicherweise zu wenig Zeit, sich noch zu finden. Zudem sollte es vermieden werden, durch zu häufigen Gebrauch des Drehens eine Atmosphäre der Unsicherheit zu schaffen, in der Spieler das Gefühl bekommen, sich keine Fehler leisten zu dürfen. Es bedarf einigen Feingefühls zu erkennen, wann der Wind sich dreht und beginnt, widrig zu werden.

 

Zwei typische Situationen bieten sich für das Drehen an:

 

1. Eine Mannschaft legt die Mehrzahl der Kugeln stets besser als der Gegner. Dennoch macht dieser die Punkte durch wenige oder gar nur eine gute Kugel, die der eigene Schütze nicht beseitigen kann. In einem solchen Fall sollte ein Mitspieler das Amt des Schützen übernehmen. Aus psychologischen Gründen gelingt dieses Manöver leichter, wenn der schwächelnde Spieler selbst den Wechsel anbietet.

 

2. Eine Mannschaft ist notorisch nicht in der Lage, gute erste Kugeln zu legen. Wegen der herausragenden Bedeutung erster Kugeln bietet es sich an, nicht zu lange zu warten, wenn ein Spieler an Position eins nicht genug Druck aufbaut. In einem Triplette können Leger und Mittelspieler einfach tauschen, was den Vorteil hat, dass der Schütze sich nicht völlig umstellen muss. In einem „Doublette“ haben im Falle eines schwächelnden Legers die Partner unbeabsichtigt bereits "gedreht", denn der Schütze wird gezwungen sein, sicherheitshalber gute Kugeln nachzulegen. Konsequenterweise kann dieser dann seine Kugeln auch zuerst legen. Die Mannschaft sollte dann also auch im klassischen Sinne die Positionen tauschen. 

 

Es kann also auch aus dem Spielverlauf heraus zu einem Positionswechsel kommen. Meist geschieht das, wenn der Leger zu ambitioniert ist und auf Biegen und Brechen eine zwingende Kugel produzieren möchte. Laufen diese Kugeln ein Stück zu weit, ist der Schütze zum legen gezwungen. Der Leger sollte bedenken, dass es in vielen Situationen lediglich darum geht, die Kugeln so zu platzieren, dass der Schütze noch guten Gewissens schießen kann. Eine gute Kugel, die knapp nicht den Punkt hat, aber den Weg blockiert, kann wertvoller sein, als ein direkter Punkt. Der Schütze kann nun des Gegners Kugel angreifen und hat die Chance durch Carreau einen weiteren Punkt zu erzielen. So liegen danach 2 Kugeln "besser", von denen eine zudem noch den Weg blockiert. Zusätzlich konnte der Schütze seinen Rhythmus beibehalten.

Das unbeabsichtigte Drehen durch zu ambitioniertes Legen ist einer der häufigsten Anfängerfehler, der aber leider auch von erfahrenen Spielern immer wieder gemacht wird.

„MEA CULPA“.  

 

Thorsten


Bild: Angeschwemmter Baum auf Rügen. Mit ihren starken Wurzeln trotzen solche Riesen jedem Weststurm. Dreht jedoch der Wind, beginnt das Meer an der Steilküste zu nagen und zieht manchem Baum den Boden unter den Füßen weg.