Selbstvertrauen bewahren


- Die Methode "Zug-um-Zug" -


 

"Und eh ich meinen Wurf erneuet,
da bäumet sich mein Roß und scheuet
an seinem Basiliskenblick
und seines Atems giftgern Wehen,
und mit Entsetzen springts zurück,
und jetzo wars um mich geschehen."

                                                  Schiller - Der Kampf mit dem Drachen -

 

 

 


Im Dartsport gibt es eine Weisheit, die Spieler davon abhalten soll, sich von Gegnern so sehr beeindrucken zu lassen, dass es das Spielvermögen beeinträchtigt:
"Spiel gegen das Board, nicht gegen den Gegner!" Da ohnehin abwechselnd gespielt wird, soll möglichst ausgeblendet werden, was der Widersacher tut; die Konzentration kann gänzlich das eigene Spiel unterstützen, das darin besteht, die richtige Zahlenkombination auf der Scheibe zu treffen.

Im Pétanque hängt die Zugfolge vom Gelingen der Würfe ab; durch die Beobachtung des Gegners ergeben sich zudem vielfältige Vorteile[1]. Dennoch besteht die Möglichkeit, die Aufmerksamkeit im oben angedeuteten Sinne von der drohenden Gefahr abzuwenden und sie der Aufgabe zukommen zu lassen, womit das Selbstvertrauen möglichst geschont wird. Drei Beispiele sollen das verdeutlichen:


Beim Wurf:
Ist ein Spieler damit betraut, eine Kugel zu legen, so ist es vollkommen unerheblich, ob sich unter den Gegnern ein Meistertireur befindet, der sie mit hoher Wahrscheinlichkeit sogleich aus dem Feld schlagen wird. Ebenso kann es dem Schützen bei dem Versuch, eben diese Kugel zu entfernen, gleichgültig sein, ob sein Gegenspieler sogleich wieder eine gute Kugel auf dem Feld platziert.

Was zählt ist allein die Tat. Prognosen über den Fortgang des Spielverlaufes können diese beeinträchtigen. Auch wenn sich die Niederlage bereits düster heranwölkt, muss man die professionelle Einstellung finden, die nächste Kugel unbeeindruckt zu werfen.

Im Spiel:
Beobachten Spieler das Walten ihrer Gegner, stellen sich leicht Gedanken ein, die in jene ferne Zeit gehören, "als das Wünschen noch half". Das stille Hoffen, dem Gegner möge sein nächster Wurf misslingen, führt aber nie zu dem gewünschten Effekt – im Gegenteil. Der Bangende verstrickt sich dabei übermäßig in das Spielgeschehen, regt sich unnötig auf und erfährt gar eine kleine Niederlage, wenn die Hoffnung enttäuscht wird.

Was der Gegner tut, ist unmittelbar nicht zu beeinflussen. Das Auge sollte nur zum Zwecke der Analyse auf ihm ruhen. Die Folge seiner Aktion ist die neue Situation, die es kühl hinzunehmen und professionell anzugehen gilt, so, wie man sie eben vorfindet.

Im Turnier:
In einem Turnier ist schon die schiere Menge der anwesenden Koryphäen dazu angetan, die Hoffnung sinken zu lassen. Ob man später überhaupt auf sie stößt, ist mehr als ungewiss. Gedanken an das Weiterkommen, an gute Platzierungen oder das Endspiel sind sämtlich derselben Kategorie zugehörig – sie sind Ablenkungen.

Die fernere Zukunft entzieht sich unserer Kenntnis. Daher ist es richtig, die Gedanken auf das unmittelbare Handeln auszurichten, bei dessen Gelingen sich etwaige Meriten von allein einstellen werden.


Im Pétanque, diesem Präzisionssport, ist das Selbstvertrauen die spielentscheidende Ressource, die es unter allen Umständen zu bewahren gilt. Viele sind brillant, solange es nicht darauf ankommt, versagen aber im entscheidenden Moment. Sofern man glaubt, der Aufgabe gewachsen zu sein, läuft alles glatt, wird dieser Glaube jedoch erschüttert, beginnen die Probleme – das ist menschlich und wirklich niemand ist davon gänzlich frei – auch nicht die Profis[2]. Diese haben es jedoch weitgehend gelernt, sich den Glauben an die eigenen Kräfte zu erhalten; Kniffe anzuwenden, die das Spielen erleichtern.

 

 

Boule - Petanque / Tipps & Tricks
Nicht zu hitzig werden - nicht versteinern

Einer der besten Tricks aus ihrem Arsenal besteht darin, Herausforderungen nicht zu groß erscheinen zu lassen, damit das Selbstvertrauen nicht schwinde – wie der Pastis nach einem hitzigen Bouleabend[3]. Dazu dient die Methode "Zug-um-Zug" – also das schrittweisen Vorgehen bei Ausblendung jeweils künftig erwartbarer Schwierigkeiten – was freilich geübt sein will. Indem stets nur der nächste Schritt vorbereitet wird, bewegt man sich in einem Aufgabenspektrum, das niemals überfordert.

 

Eben weil jede Kugel entscheidend sein kann, dürfen wir nicht jeden Wurf in dem Bewusstsein ausführen, die entscheidende Kugel zu spielen.

 

Wie die sagenhaften Basilisken, so vermögen es schwierige Aufgaben, denjenigen versteinern zu lassen, der ihnen zu tief ins Auge blickt. Den Blick zu wenden und sich nicht beirren zu lassen, erhält die Chance, schließlich zu triumphieren.

 

Thorsten


[1] siehe hierzu: Beobachterposition

 

[2] siehe hierzu: Kann man siegen lernen?

 

[3] Klischeealarm!

 

Ergänzung 1: Da im Pétanque Spielerfolge von der Güte des Handelns abhängen, was wiederum an die Zuversicht gekoppelt ist, das zu Leistende sei bewältigbar, darf sich der Spieler nur soviel "Weitblick" zumuten, wie er auszuhalten vermag. In einer Mannschaft kann man Entscheidungen, die größere Übersicht erfordern – strategische Entscheidungen – einem erfahrenen und abgeklärten Spieler überlassen. Das Vertrauen in solche "Veteranen" hilft, die nötige Sicherheit und Zuversicht zu bewahren.

 

Um selbst in diese Rolle hineinzuwachsen, sollte man das Mentale als einen Bereich erkennen, den es ebenso zu trainieren gilt, wie die Technik. Dazu muss bei jedem Spiel strikt darauf geachtet werden, das Denken vom Handeln zu trennen, bis man solches Tun als vollkommen natürlich empfindet.

 

"Im Kreis nicht denken!"

 

 

Ergänzung 2: Dieser Artikel steht in enger Beziehung zu: "Selbstvertrauen I: Erwerben"