Der Sauwurf

Pètanque Tipps und Tricks: Cochonnetwurf / Sauwurf

Die Auguren, jene weisen Seher des alten Rom, versuchten sich einst in der Kunst, die Zukunft aus dem Vogelfluge zu ergründen. Die Weisesten unter den Boulespielern stehen ihnen nicht nach, nur lesen sie das Kommende aus dem "Lauf der Schweine". Das Schwein, einmal aus dem Kreis geworfen, durchquert auf seinem Wege jene Bereiche, durch die ihm die Kugeln bald folgen werden. Wer sein Verhalten aufmerksam beobachtet, verfügt über eine Sonde, die das Profil des Kugelweges "vermisst". Kleinste Unebenheiten und Neigungen werden so offenbart, denn insbesondere Gefälle, die Kugeln seitlich wegdriften lassen, sind nicht immer leicht zu erkennen.

 

Wenn durch Beobachtung des Cochonnetweges Rückschlüsse über die Beschaffenheit des Bodens gewonnen werden können, gilt das natürlich auch für den Gegner. Es ist also eine Überlegung wert, ob es nicht sinnvoller sein kann, die Bodenbeschaffenheit lieber nicht aufzudecken. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn man selbst Hochportées wirft, der Gegner aber flach spielt. Das folgende Lehrvideo zeigt eine Technik, mit der das Schweinchen selbst im Hochportée ausgeworfen wird und durch starken Rückdrall präzise zum Liegen kommt: 

 

https://www.youtube.com/watch?v=68Yl61puqdU&feature=youtu.be

 

"Wenn du deinen Feind und auch dich selbst kennst,

brauchst du das Ergebnis von 100 Schlachten nicht zu fürchten.“

                                                                                       Sunzi

 

Der Rat des chinesischen Meisterstrategen sollte schon bei der ersten Spielhandlung berücksichtigt werden und das ist eben der Wurf des Cochonnet.

 

Zwei Fragen sind hierbei wichtig:

 

1. Wo liegt ein Bereich, in dem wir besonders gut agieren werden, d.h. wo werden wir gut legen und sicher schießen können?

 

2. Wo liegt ein Bereich, in dem dieses dem Gegner nicht möglich sein wird?

 

Finden wir eine Zone, die beide Kriterien erfüllt, ist das unser Ziel für den Sauwurf, andernfalls müssen wir uns mit der Erfüllung des ersten Kriteriums bescheiden.

 

Von besonderer Bedeutung ist auch die Wahl der Spiellänge in Abhängigkeit vom Punktestand. Eine Mannschaft, die viele Punkte aufholen muss, sollte kurz spielen, denn auf kurze Distanz gelingen "Coups" - also das Erzielen vieler Punkte in einer Aufnahme - wesentlich leichter. Die lange Distanz sollte hingegen wählen, wer einen hohen Vorsprung ins Ziel zu retten gedenkt.

 

Durch stetigen Wechsel der Spiellänge können Schützen aus dem Konzept gebracht werden. Möglichst sollte das dann natürlich nicht der eigene Tireur sein.

 

"Wer sich beim Auswerfen des Cochonnets etwas denkt,

kann es zu seinem persönlichen Glücksschwein machen!" 

 


Ergänzung:

Nach der Klärung der Frage, wie das Cochonnet zu werfen sei, bleibt noch zu entscheiden, wer es werfen soll:

Gelegentlich ist zu beobachten, dass nicht der Leger das Schwein wirft, sondern der Schütze. Meist will dieser sicherstellen, dass das Spiel nur in der Zone stattfindet, in der er sich Treffer zutraut. Es kann aber auch sein, dass der Schütze den Boden und den Gegner besser als sein Leger kennt und mit dem Sauwurf besondere taktische Raffinessen bezweckt.

 

Mögen das auch gute Gründe sein, so sollte ein damit verbundener Nachteil bedacht werden: Beim Schießen kommt es sehr stark auf Selbstsicherheit und Entschlossenheit an. Wirft der Schütze das Schwein in seine Lieblingszone, so definiert er für sich damit auch einen Bereich, in dem er sich weniger zutraut. Findet das Spiel später dort statt, kann das ein psychologischer Nachteil sein.

 

Da die Beschäftigung mit Bodendetails ohnehin in das Ressort des Legers fällt, erscheint es daher sinnvoller, diesen auch den Sauwurf ausführen zu lassen. Der Schütze kann sich somit die Entschlossenheit erhalten, in jeder Entfernung treffen zu wollen. Ein aufmerksamer Leger wird freilich dennoch die Fähigkeiten des Schützen beim Cochonnetwurf berücksichtigen.

 

Thorsten


Anmerkung: https://de.wikipedia.org/wiki/Sunzi

"Sein Buch „Die Kunst des Krieges“ (孫子兵法, Sūnzǐ bīngfǎ ‚Sun Zi über die Kriegskunst‘) 

gilt als frühestes Buch über Strategie und ist bis zum heutigen Tage 

eines der bedeutendsten Werke zu diesem Thema."