Niederlagen


„Niederlagen sind bitter, besonders jene, die man erleidet.“

                                         Anonymus


 

Niederlagen sind das, was man in einem Spiel vermeiden möchte. Manche Spieler verdauen sie gut, andere kauen lange daran herum und ärgern sich noch Tage später. Schon die Angst vor einer Niederlage kann das Spielvermögen ungünstig beeinflussen. Vor diesem Phänomen ist wohl niemand gefeit, der mit dem Herzen bei der Sache ist. Wird es aber zu einem wirklichen Problem, so kann folgende Frage einen Ausweg weisen: 

 

Sind Niederlagen im eigentlichen Sinne ein Teil des Spieles?

 

Natürlich sind Niederlagen ein Ergebnis von Wettkampfspielen. Eine Partei wird schließlich immer unterliegen. Ist es aber sinnvoll, sich während des Spiels mit der Möglichkeit einer Niederlage zu befassen? Ist sie nicht die notwendige Folge aller unserer Handlungen und derer des Gegners? Muss eben diesen Handlungen nicht daher unsere volle Konzentration gelten?

 

Betrachten wir hierzu einmal eine Passage aus dem „Hagakure[1], jenem als „Kodex der Samurai“ bekannten Buch, das zwischen 1710 und 1716 in Japan verfasst wurde.

 

Gleichnis vom strömenden Regen"Fürchte den Regen nicht!

Man muss „die Lektion des Platzregens“ verstehen. Ein Mann, der unterwegs von plötzlichem Regen überrascht wird, rennt die Straße hinunter, um nicht nass und durchtränkt zu werden. Wenn man es aber einmal als natürlich hinnimmt, im Regen nass zu werden, kann man mit unbewegtem Geist bis auf die Haut durchnässt werden. Diese Lektion gilt für alles."

Hagakure

Übersichtliche Lage - Wird es eng, geht es nur noch vorwärts
Übersichtliche Lage - Wird es eng, geht es nur noch vorwärts

 

 

Wesentlich ist nicht das Eintreten des unangenehmen Ereignisses, sondern die Haltung, die dazu eingenommen wird. Eine Person, die den Regen als unangenehm empfindet und zu laufen beginnt, obwohl kein Unterstand erreichbar ist, fügt dem Übel der Nässe nur das Übel der Lächerlichkeit hinzu. Durch die Vermeidungshaltung verliert sie die Souveränität über ihr Handeln. Besser ist es, dem Übel mit stoischer Haltung, schulterzuckend zu begegnen und das eigentliche Ziel entschlossen weiter zu verfolgen.

 

Gelegentlich erlebt man es, dass in einem Triplette zwei Spieler einen wirklich schlechten Tag haben, der dritte Spieler aber eine große Hartnäckigkeit beweist und die unvermeidliche Niederlage noch lange hinauszögert. Dieses wird dann von den Gegnern gewürdigt - „XY kämpft“, heißt es dann anerkennend. Genau das ist es, worauf es ankommt: Ungeachtet des wahrscheinlichen Spielausganges, sein bestes Können abzurufen, nicht zu bangen oder zu verzweifeln, sondern bis zur letzten Kugel alles zu versuchen.

 

 

Wenn wir beim Pétanque in Schwierigkeiten geraten, sei es, weil der Gegner besser - oder das Glück uns nicht hold ist, so ist es keine gute Idee, ins „Laufen“ zu kommen, also von dem, was wir in unzähligen Übungen als richtige Handlungs- und Bewegungsmuster erkannt haben, abzuweichen.

 

 

Wenn wir weiterhin konzentriert bleiben, haben wir zumindest die Chance, das Blatt noch zu wenden. Reicht das trotzdem nicht aus, so haben wir uns zumindest nichts vorzuwerfen. Niederlagen erleiden wir so sicher, wie wir im Regen nass werden. Wenn wir entschlossen kämpfen, sind sie jedoch nicht schändlich. Da wir das wissen, brauchen wir uns im Spiel nicht mit ihnen zu beschäftigen. Unsere Konzentration kann sich voll und ganz auf das Spielgeschehen richten und somit dazu beitragen, den einen oder anderen Misserfolg zu vermeiden.

 

 

„Doch niemand heilt durch Jammern seinen Harm.“

 Shakespeare „Richard III.“, zweiter Akt, zweite Szene

  

 

 

 

Thorsten


[1] Zum Hagakure: Das Werk ist durchdrungen von einer Philosophie, die den entschlossenen Kampf zum Prinzip erhebt. (Es ist nicht möglich, an dieser Stelle auf die Hintergründe des Werkes einzugehen. Wer sich näher damit befassen möchte findet hier einen Einstieg :

 

 http://de.wikipedia.org/wiki/Hagakure )

 

Bild: Engpass in der "Teufelsmauer" nahe Blankenburg